… im Land, in der Kunst und im Kopf

English VERSION

… in the land, in art and in the mind

Creating space for art, culture and democracy

Timon Gremmels
Hessian Minister for Science and Research, Art and Culture

Art and culture are a form of public service. In times when democracy is under fire, we need cultural and scientific education more than ever. To help protect democracy, openness, diversity, interaction and debate are fundamental to culture. Art and culture must be accessible and enable participation. For all this diversity, we need freedom – and free spaces.
The Hessian Studio Program HAP, for example, helps to create free space. The programme gives artists affordable space to work and thus a basis for further training, networking, professionalization and presenting their work. Rural areas also offer plenty of space for artistic creation – whether for cabaret theater, storytelling days, singing clubs, mini-musicals, local history museums or integrative theater workshops. In the future, we want to focus even more on the potential of rural areas and see their offerings as an important complement to urban centers.
After all, it is precisely the contrasts that make up our cultural diversity and create space for artistic freedom. Publicly funded institutions are irreplaceable due to their artistic conditions and as a state mandate. Independent cultural institutions, the independent theater scene and socioculture are also enriching and indispensable. I enjoy experiencing art, especially theater productions and literature, which move me deeply, raise questions and sometimes provide surprising answers. Of course, I can understand people who simply want to go to the theater to seek idleness. Art and culture offer both, as do the wider independent scene and club culture, which I greatly appreciate. Here, space becomes free space for culture – let’s protect it!


Free spaces

Dr. Julia Cloot
Curator Kulturfonds Frankfurt RheinMain

1: from the perspective of theater professionals

How free are the spaces for art? In spring 2020, they initially shrank to zero and then miraculously expanded into the open air. The so-called independent scene has always worked with open spaces in a special way, drawing artistic tension from the interplay between art and its location. It’s good that many people can now see this: In the structure of concept, artists and recipients, the relationship between art and the space in which it takes place is still one of the most aesthetically interesting relationships.
If the space is literally outdoors, i.e. outside, new challenges and possibilities arise: Things need to be held together, acoustics and public safety play a greater role than in an enclosed space, random spectators and those who have specifically come to the location of the previously announced event need to be brought together and motivated to stay. Ideally, the performers move through the open space together with the participants.

2: from the perspective of the funding institutions

If you want to specifically support independent scenes, creating free spaces for artistic practice is an urgent task. On the one hand, it means showing understanding for concepts that deal freely with spaces and distinguishing the (still) unfinished from the potentially viable and special. Careful questioning reveals conceptual weaknesses and mitigates them with proposed solutions.
On the other hand, however, it also means: conveying free spaces or even non-places that were not previously the focus of art producers and audiences, tracking down hidden beauties and making them usable for artistic concepts. Funding institutions can then help to initiate collaborations and allow the resulting ideas to have an impact on the spaces and their surroundings.
And last but not least, this also means using suitable approaches and instruments to support (not only) the independent scene.

3: in the head

The supreme discipline: to clear our heads of what we have done, thought or seen many times before, to open ourselves up to thought-provoking offers as well as physical spaces of experience. The MADE Festival, its organizers and the participating artists are once again inviting us to do just that. We gladly accept the invitation.


Raum schaffen für Kunst, Kultur und Demokratie

Timon Gremmels
Hessischer Minister für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur

Kunst und Kultur sind eine Form der Daseinsvorsorge. In Zeiten, in denen die Demokratie unter Feuer steht, brauchen wir die kulturelle und wissenschaftliche Bildung mehr denn je. Um einen Beitrag zum Schutz der Demokratie zu leisten, sind Offenheit, Vielfalt, das miteinander Agieren und Streiten in der Kultur elementar. Kunst und Kultur müssen nahbar sein, müssen Teilhabe ermöglichen. Für all diese Vielfalt brauchen wir Freiraum – und freie Räume.
Beim Freiräumeschaffen hilft zum Beispiel das Hessische Atelierprogramm HAP. Das Programm gibt Künstlerinnen und Künstlern bezahlbaren Raum zum Arbeiten und damit eine Basis dafür, sich weiter zu bilden, zu vernetzen, zu professionalisieren und ihre Werke zu präsentieren. Viel Platz für künstlerisches Schaffen bietet auch der ländliche Raum – ob für Kleinkunsttheater, Erzähltage, Gesangverein, Mini-Musical, Heimatmuseum oder integrativen Theaterworkshop. In Zukunft wollen wir uns noch stärker auf die Potenziale des ländlichen Raums konzentrieren und seine Angebote als wichtige Ergänzung zu den Ballungszentren sehen.
Denn gerade die Gegensätze machen unsere kulturelle Vielfalt aus und bilden Raum für künstlerische Freiheit. Einrichtungen in öffentlicher Trägerschaft sind aufgrund ihrer künstlerischen Bedingungen und als staatlicher Auftrag nicht zu ersetzen. Bereichernd und nicht wegzudenken sind auch die freien Kultureinrichtungen, die freie Theaterszene und die Soziokultur. Ich erlebe gerne Kunst, insbesondere Theaterinszenierungen und Literatur, die mich nachhaltig bewegen, Fragen aufwerfen und manchmal auch überraschende Antworten liefern. Natürlich kann ich Menschen verstehen, die einfach mal ins Theater gehen wollen, um Müßiggang zu suchen. Beides bieten Kunst und Kultur, auch die weitere freie Szene und die Clubkultur, die ich sehr schätze. Hier wird Raum zum Freiraum für Kultur – schützen wir ihn!


Freiräume(n)

Dr. Julia Cloot
Kuratorin Kulturfonds Frankfurt RheinMain

1: aus der Sicht der Theaterschaffenden

Wie frei sind eigentlich die Räume für die Kunst? Im Frühjahr 2020 schrumpften sie zunächst auf null und erweiterten sich dann auf wundersame Weise ins Freie. Dabei hat die sogenannte Freie Szene immer schon in besonderer Weise mit dem freien Raum gearbeitet, künstlerische Spannung bezogen aus dem Wechselspiel zwischen der Kunst und ihrem Ort. Gut, dass nun viele sehen können: Im Gefüge von Konzept, Künstler/innen und Rezipient/innen gehört das Verhältnis von Kunst zu dem Raum, in dem sie sich ereignet, immer noch zu den ästhetisch interessantesten Relationen.
Ist der Raum buchstäblich im Freien, also draußen, ergeben sich neue Herausforderungen und Möglichkeiten: Da will einiges zusammengehalten werden, spielen Akustik und öffentliche Sicherheit eine größere Rolle als im geschlossenen Raum, müssen zufällig anwesende Zuschauer/innen und solche, die sich gezielt an den Ort des vorher angekündigten Geschehens begeben haben, zusammengeführt und zum Bleiben motiviert werden. Idealerweise bewegen sich die Ausübenden gemeinsam mit den Teilnehmenden durch den freien Raum.

2: aus der Sicht der Förderinstitutionen

Möchte man Freie Szenen gezielt unterstützen, ist das Schaffen von Freiräumen für die künstlerische Praxis eine vordringliche Aufgabe. Sie bedeutet zum einen, Verständnis aufzubringen für Konzepte, die frei mit Räumen umgehen und dabei das (noch) Unfertige vom potenziell Tragfähigen und Besonderen zu unterscheiden. Durch vorsichtiges Nachfragen konzeptionelle Schwächen aufzudecken und mit Lösungsvorschlägen abzumildern.
Zum anderen bedeutet sie aber auch: ganz praktisch freie Räume oder gar Un-Orte zu vermitteln, die vorher nicht im Fokus von Kunstproduzierenden und Publikum standen, dabei verborgene Schönheiten aufzuspüren und für die künstlerischen Konzepte nutzbar zu machen. Dann können Förderinstitutionen dazu beitragen, Kooperationen zu stiften und die so entstehenden Ideen zurückwirken zu lassen auf die Räume und ihr Umfeld.
Und nicht zuletzt bedeutet dies auch: durch geeignete Ansätze und Instrumente (nicht nur) der Freien Szene den Rücken freizuhalten.

3: im Kopf

Die Königsdisziplin: den Kopf frei zu räumen von dem, was wir schon öfter gemacht, gedacht oder gesehen haben, uns auf Denkangebote ebenso einzulassen wie auf physische Erfahrungsräume. Das MADE-Festival, seine Verantwortlichen und die beteiligten Künstler/innen laden zum wiederholten Mal dazu ein. Wir folgen der Einladung gern.